Strategien zur Stärkung der Lieferkettenresilienz

Die Resilienz der Lieferkette wird auch in der Zukunft oberste Priorität bleiben, um die Wettbewerbsfähigkeit und den Ertrag von Unternehmen sicher zu stellen. Themen, wie Disruptionen durch politische und wirtschaftliche Ereignisse, neue Richtlinien (z.B. ESG, etc.), Fachkräftemangel, neue Technologien (KI etc.), Verschärfung des Wettbewerbs, werden in einem globalen Umfeld erfolgsbestimmend bleiben.

Bewältigung von Störungen: Lektionen aus der jüngsten Vergangenheit

Auch nach der Pandemie kommen die globalen Lieferketten nicht zur Ruhe. Kriegsereignisse und blockierte Handelsrouten erzeugen ebenso Spannungen wie steigende geopolitische Bedrohungen oder jüngst ein deutlicher Nachfragerückgang in vielen Branchen.

Angesichts der turbulenten Wirtschaftssituation wissen wir zwar nicht, welche Hindernisse und Veränderungen als nächstes Auftreten werden, wir können aber bereits jetzt an der Resilienz der Lieferketten arbeiten – also daran, dass diese von den nächsten Störereignissen weniger stark bzw. weniger lang betroffen sein werden.

Dabei stehen den Unternehmen unterschiedliche Strategien zur Verfügung, um sich zu wappnen. Einige davon wollen wir hier näher beschreiben.

Strategie 1: Regionalisierung

Die Regionalisierung der Lieferkette – oft auch „Nearshoring“ genannt – bezeichnet den bewussten Einsatz geographisch nahe gelegener Lieferanten um damit Lieferkettenrisiken – insbesondere geopolitische Risiken – zu reduzieren.

Vorteile liegen auf der Hand: Kürzere Transportwege, geringere Umlaufbestände und reduzierte Sicherheitsbestände. Darüber hinaus kann die Reaktionsfähigkeit in der Lieferkette deutlich gesteigert werden. Dem stehen allerdings oft deutlich erhöhte Fertigungskosten gegenüber.

Erfolgreiche Regionalisierung von Lieferketten braucht daher eine fundierte Diagnose um die relevanten Warengruppen und potentielle Bezugsmärkte zu identifizieren. Der Kostenvergleich kann nur nach Total Cost erfolgen – muss also Risiken, Bestandsauswirkungen und Faktoren des Qualitäts- und Lieferantenmanagements berücksichtigen.

In vielen Fällen braucht es dann noch einen gemeinsamen Entwicklungsplan mit dem Lieferanten, um kurzfristige Kostennachteile über Zeit auszugleichen. Auch interne Prozesse müssen oft neu gedacht werden, um von langfristigen und großvolumigen Fernostbeschaffungsprozessen auf kürzer getaktete Abläufe umzusteigen und so die vollen Vorteile der Regionalisierung zu heben.

Strategie 2: Gezielte Redundanzen

Auch ein regionales Lieferantennetz kann nicht vor dem Ausfall einzelner Lieferanten oder ganzer Regionen schützen, wie es zuletzt durch den Ukrainekonflikt passierte. Redundanz kann hier einerseits klassisches Multisourcing bedeuten, also die Verwendung mehrerer Lieferanten. Das bedingt aber einerseits ausreichende Volumen, um dennoch konkurrenzfähig zu bleiben, andererseits müssen diese mehreren Sources auch geografisch sinnvoll gestreut werden. Nicht zuletzt braucht es auch das nötige Vertragswerk und Transparenz über die Kapazität und Flexibilität der betroffenen Lieferanten, um im Ernstfall auch tatsächlich Mengen verschieben zu können.

Redundanz betrifft aber auch andere Aspekte der Lieferkette. Etwa alternative Transportrouten und Modalitäten. Resilienz kann auch erhöht werden, indem Ausweichszenarien geschaffen werden. So können erneute Staus an den großen Häfen oder Verlängerungen der Laufzeiten aus Fernost über die europäischen Südhäfen teilweise umgangen werden.

Strategie 3: Transparenz entlang der Lieferkette

Während viel über globale Lieferkettentransparenz gesprochen wird, erleben wir, dass es oft in den eigenen vier Wänden der Unternehmen noch erhebliche Potentiale gibt, die Transparenz zu erhöhen. Das Mittel der Wahl ist hier ein strukturierter S&OP-Prozess, um darauf die Allokation der Vertriebsmengen aufzusetzen.

Der monatliche S&OP-Zyklus fördert die interne Auseinandersetzung mit Flexibilität in Absatz und Kapazität. Unternehmen, welche einen solchen Prozess gut strukturiert aufsetzen und über Jahre leben, haben ein klares Bild davon, wie sie auf Über- und Unterkapazitäten reagieren und wo die Flexibilitätspotentiale im Haus und in der Lieferkette liegen.

Kommt es dennoch zu Versorgungsausfällen, erlaubt die Allokationssteuerung eine bewusste und transparente Verteilung der verfügbaren Mengen auf die Kunden. So kann der Schaden für alle betroffenen so gering als möglich gehalten werden.

Kommt es entgegen zu Einbrüchen oder Veränderungen am Absatzmarkt, besteht ebenfalls volle Transparenz darüber, welche Kunden oder Marktsegmente wie stark betroffen sind.

Strategie 4: Szenarioplanung als Regelprozess

Je höher die Transparenz und je besser die Datenlage im Unternehmen, desto mehr kann von Szenarioplanung profitiert werden. Fortschrittliche Supply-Chain-Planungssysteme können genutzt werden, sind aber keine Voraussetzung hierfür. Im ersten braucht es eine saubere Datenbasis, welche Vertrauen im Unternehmen genießt. Darauf aufbauend können auch mit einfachen Werkzeugen Szenarien gebildet werden.

Auch das Denken in und das Arbeiten mit Szenarien ist eine Fähigkeit, welche Führungsteams über Zeit weiterentwickeln können. Auch hier hat sich der S&OP-Prozess als Triebfeder bewährt. Wann immer Unsicherheiten im Planungshorizont auftreten, kann über eine Gegenüberstellung von Lösungsszenarien eine fundierte Entscheidungsbasis geschaffen werden. Auch nicht unmittelbar umgesetzte Szenarien tragen dabei zur Resilienz bei, wenn sie im Bedarfsfall leicht aktualisiert und operativ angewendet werden können.  

Strategie 5: Auftragsabwicklung optimieren mit voll integrierten Prozessen und neuen Technologien 

Resilienz steht und fällt mit der Geschwindigkeit, in der Unternehmen in der Lage sind Entscheidungen zu treffen und diese operativ umzusetzen. Geschwindigkeit ist nur möglich, wenn in Vertrauen investiert wurde. Vertrauen in die gemeinsame Datenbasis, Vertrauen in die Planungsprozesse und Vertrauen in die Umsetzungsprozesse.

Ein starker Umsetzungsprozess ist eng mit dem S&OP-Prozess verzahnt. Diese Verzahnung wird über das durchgängige Design der Planungsprozesse hergestellt und über das Allokationsmanagement im System verankert. So wird sichergestellt, dass jeder Kunde die Mengen erhält, die ihm zugesagt wurden und umgekehrt die internen und externen Kapazitäten so genutzt werden wie es geplant und beschlossen wurde.

Klare Rollenbilder, Ziele und Verantwortungen mit eindeutigen Übergabepunkten reduzieren die Reibungsverluste entlang der operativen Prozesse und sorgen für stabile Abläufe. Wo es dann noch zu Ausnahmen kommt, wird die Lösung in bereichsübergreifenden Regelmeetings rasch gefunden und umgesetzt.

Digitale Technologien als Enabler

Egal welche der obigen Strategien eingesetzt wird oder wie diese kombiniert werden, es braucht immer eine klare Datenbasis als Entscheidungsgrundlage. Für viele Unternehmen liegt auch hier noch eine größere Hürde. Stammdaten müssen bereinigt werden, Redundanzen behoben und Informationssilos in Bereichen oder einzelnen Standorten müssen aufgebrochen werden.

Auch wenn Business Intelligence schon von anderen Schlagworten abgelöst wurde – es braucht eine klare Strategie zu den Datenflüssen und der Aufbereitung und Verteilung im Unternehmen. Ohne klar definierte und brauchbare Basisdaten und Kennzahlen, denen auch vertraut wird, gibt es keine Entscheidungsbasis.

Ohne diese Hausaufgaben werden auch neue IT-Systeme mehr Kosten als Mehrwert bringen.

Zusammenarbeit und Effizienz: Der Schlüssel zum Erfolg

Bereichsübergreifende Zusammenarbeit im Unternehmen ist die Basis, um auch mit den Partnern in der Lieferkette effektiv zu kooperieren. Integration mit den Lieferanten auf Prozess- und Systemebene unterstützt die obigen Resilienzstrategien zusätzlich. So können gemeinsam Vorteile in Kosten und Working Capital erzielt werden. Enge Lieferantenbeziehungen vereinfachen darüber hinaus die Koordination im Krisenfall.

Langfristige Vorteile: Sicherung des Unternehmenserfolgs

Lieferkettenunterbrechungen können jederzeit auftreten und haben einen erheblichen Einfluss auf die Gewinn- und Verlustrechnung eines Unternehmens. Schon eine Verzögerung bei einzelnen Bauteilen kann die Produktion komplett stoppen. Supply Chain Manager, welche die hier beschriebenen Strategien umsetzen, werden in der Lage sein, eine kosteneffiziente Lieferkette aufzubauen, die den finanziellen Erfolg und den langfristigen Wettbewerbsvorteil ihrer Unternehmen sichert.

 

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